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  • Frankreich, Frankreich

    Gleich unser erster Stellplatz nach der Landesgrenze, zu dem ich nach unserer Ankunft ein wenig recherchiert habe, hat mir (wie ich glaube, weil ich mich aus meiner Schulzeit oder auch sonst nicht daran erinnern kann…) neue Geografiekenntnisse – zur Existenz der französischen Opalküste (sowie der angrenzenden Alabasterküste) beschert.

    Obwohl sowohl Mathias als auch ich schon in Frankreich, allerdings eher in südlichen oder näher an der deutschen Grenze liegenden Gebieten, waren, hatten wir keinerlei konkrete Vorstellungen vom Norden des Landes. Vielleicht liegt es an den Gezeiten, denen die Küste unterworfen ist, vielleicht an der „aufwühlenden“ Geschichte (von der vor allem alte Bunkeranlagen oder Friedhöfe bzw. Gräberfelder zeugen…); wir haben jedenfalls fast täglich etwas entdecken können, das auch uns bewegt hat: dazu, uns gedanklich ein wenig damit auseinanderzusetzen.

    Wenn ich mir die Steilküsten betrachte, fällt es mir z.B. nicht schwer zu glauben, dass sie Bruchstücke eines ursprünglich größeren bzw. anders als heute gestalteten Kontinents sind und dass sich unsere Erdteile – vielleicht auch verursacht durch die ständigen kleineren oder größeren „Umbaumaßnahmen“, die Lebewesen vornehmen (oder den massiven Gütertransport, den Menschen betreiben…) – weiterhin bewegen.

    Einen besonderen Freudensprung hat mein Herz (oder vielleicht eher mein Bauchgefühl…) gemacht, als ich entdeckt habe, dass wir rechtzeitig zur Maronizeit in Gegenden eingetroffen sind, die nicht nur mit Apfel- oder Birn-, sondern auch mit Esskastanienbäumen, den Lieferanten der Châtaignes, gesegnet sind. Seitdem gab es bei uns nicht nur ein Mal heiße Maroni; und als wir mal davon genug hatten, habe ich – inspiriert von den Kastaniencremes in den Supermarktregalen – daraus einen süßen Brotaufstrich entworfen. Da sich Mathias seine geliebten veganen Schokoaufstriche aufgrund ihrer horrenden Preise schon seit Schweden oft verkneift, konnte ich damit zwar keinen guten Ersatz liefern, aber wenigstens für ein bisschen Ablenkung und Abwechslung bei unseren Brotzeiten sorgen.

    Wir sind – was unsere Strecke betrifft – zwar oft sehr ahnungslos, aber mit offenen Augen, die unsere Umgebung erkunden, unterwegs. Deshalb haben wir beim Fahren aus der Ferne die Felseninsel oder vielmehr Abtei Mont-Saint-Michel erspäht, von der wir zwar noch nie etwas gehört hatten, die uns aber dazu veranlasst hat, unsere Fahrt zu unterbrechen. Wir haben in Fußnähe zu Berg und Bucht einen kleinen Laden für regionale Produkte gefunden, vor dem wir die Nacht verbringen durften. So konnten wir sowohl die Nachmittagssonne als auch den Sonnenaufgang am nächsten Tag nutzen, um uns auf den Weg durchs bzw. übers Watt zu begeben und diesen Ort mit seiner langen Geschichte etwas genauer anzuschauen.

    Anschließend ging unsere Fahrt weiter – in die Gegend, die als Vorbild für ein kleines, fiktives gallisches Dorf gedient hat, das sich mit Hilfe eines Zaubertranks der römischen Besetzung widersetzt hat: in die Bretagne.

    Wer mehr Fotos sehen möchte, kann gerne unter folgender URL schauen:
    https://natur-highlights.de/Archiv/Frankreich/Normandie/

  • Auf in Richtung Winterrefugium

    Wir bewegen uns beständig weiter gen Süden bzw. Westen, immer auch ein wenig im Hinblick darauf, uns dabei möglichst primitiv(er) zu verhalten bzw. auf möglichst ursprünglichen Pfanden zu wandeln und auf möglichst naturnahe Mittel zurückzugreifen.
    Gar nicht so einfach, wenn man so (v)erzogen wurde wie wir und gar nicht wissen kann, welche unserer Bedürfnisse, Vorstellungen sowie Gepflogenheiten eigentlich natürlichen Ursprungs sind und welche eher familiären oder kulturellen Traditionen entspringen. Es heißt für uns also ganz oft, dass wir uns auf unser(e) Gefühl(e) verlassen „müssen“, aber gleichzeitig auch bedenken (und ausdiskutieren…), wohin das führen könnte.

    In dem Gefühl, dass wir Deutschland nach der – nächtlichen – Ankunft bzw. nach ein paar Stunden Schlaf auf einem Camperstellplatz in Travemünde, möglichst schnell wieder verlassen wollen, waren wir uns zum Glück mal einig. Also haben wir uns nur einen kurzen Hafen- und Strandspaziergang in Niendorf gegönnt, einen kurzen Tank- und (Bioladen-)Shoppingstopp in Oldenburg eingelegt und sind dann in die Niederlande – nach Midwolda, in die Nähe von Groningen, „weitergedüst“ (falls man das Ankämpfen gegen Windböen überhaupt so bezeichnen kann)… Auch wenn die Nacht vor dem Campingplatz am Yachthafen nicht die ruhigste, nämlich sehr stürmisch war, war sie für uns nach einer ziemlich schlaflosen am Fährhafen in Karlshamm (in der Nähe eines durchweg brummend-laufenden LKWs) und der eher kurzen in Travemünde wahrscheinlich trotzdem erholsam..

    Die nächsten beiden Tage und Nächte haben wir – nach einem wetterbedingt sehr kurzen Abstecher an die Nordsee, in den Nationalpark Lauwersmeer – auf einem Bauernhof im westfriesischen Workum (beim beständigen Gebrumme der Windkraftanlage des benachbarte Bauern …) ein wenig durchgeatmet, Schlaf nachgeholt und mal so gut wie Nichts gemacht, was für andere Menschen wahrscheinlich Reisen bedeutet: Wir sind im Grunde die meiste Zeit daheim geblieben bzw. haben uns in und mit unserem 1-Zimmer-6-Quadratmeter-Schlaf- und Esszimmer-Küche-Bad-Büro-Wohnraum beschäftigt.

    Im Grunde fand ich es schade, dass wir uns bewusst nicht mehr Zeit nehmen wollten, die von Wasserwegen durchzogenen, malerischen Landschaften zu erkunden oder uns die kleinen Dörfer genauer anzusehen. Aber die Welt ist einfach viel zu groß und eine Lebenszeit einfach etwas zu begrenzt, um überall länger als für relativ wenige Augenblicke zu bleiben, um mehr als ein paar – oft zusätzlich von Sprachbarrieren behinderte – Worte zu wechseln oder um mehr als das zu erfahren, womit sich Menschen (oder auch Tiere) momentan beschäftigen. Ein fundiertes Wissen, das auch Hintergründe beleuchtet bzw. Beweggründe erklärt lässt sich so natürlich nicht gewinnen. Immerhin weiß ich- trotz Sprachbarriere – jetzt, dass es (mindestens!) einen Bauern in Westfriesland gibt, der – ohne seinen Hof ganz aufgegeben zu haben – statt des Traktors jetzt bis zur Rente lieber LKWs fährt. Vielleicht ist es ja genau das, was Reisen ausmacht: entlang des Weges kleine Anekdoten aus dem Leben anderer sammeln und mit den eigenen vermischen, so dass am Ende ein – buntes – Gesamtbild entsteht?

    Die nächste Station, die wir – für einen Abschiedsbesuch – anfahren wollten, war Amsterdam. Am Ende war es für uns allerdings auch ein Kennenlernen: von Amsterdam Noord, der kostenlosen Fähren zum Zentrum und von einem wirklich zauberhaften, bepflanzten (Industrie-)Hinterhof, der mir jetzt – zusammen mit unseren Gastgebern – bestimmt in schönerer Erinnerung bleiben wird als der Rest der Stadt (obwohl wir uns dort richtig back to primitive verhalten und wie kleine Kinder lecker – indisch, ökologisch produziert und rein pflanzlich – bekochen lassen haben).

    Außerdem durften wir uns in Almere, der laut Medienberichten jüngsten und „grünsten“ Stadt der Niederlande (für die die ehemalige Zuiderzee trocken gelegt wurde, um die wachsende Bevölkerung von Amsterdam unterbringen zu können…) einen Eindruck davon verschaffen, wie dort junge Menschen ein eigenständig entworfenes Holzhaus gerade selbst bauen. Da es Mathias` Traum ist, genau das irgendwann in Süd- oder Mittelamerika zu tun, gehört auch das zu unserer Reise: Ideen dazu zu sammeln, wie sich Menschen mit möglichst primitiven Mitteln ein schönes Zuhause schaffen.

    Belgien erschien uns auf der Durchreise nicht verlockend genug, um dort für länger als nötig, d.h. für eine Pause von der mit unserem Bus auf engen Straßen – mit für uns oft schwer les- oder deutbarer Beschilderung – oft anstrengenden Fahrt) zu bleiben. Wir haben also nur eine Nacht in Flandern (Beveren) auf dem Parkplatz vor dem (Renaissance-)Schloss Cortewalle verbracht. Vielleicht hätten wir, wenn wir es besucht hätten, auch darin etwas zum Thema „primitiv leben“ lernen können; aber da der Herbst täglich spürbar näher rückte, haben wir uns dafür entschieden, möglichst schnell nach Frankreich bzw. dessen (Nord- und West-)Küste entlang Richtung Spanien weiterzufahren.

  • Schweden (und außerdem auch Deutschland, Niederlande und Belgien – aber dazu erst nächstes Mal mehr) adé

    Schweden (und außerdem auch Deutschland, Niederlande und Belgien – aber dazu erst nächstes Mal mehr) adé

    Schon vor vier Wochen haben wir Südschweden (mit der Fähre von Karlshamn) verlassen, weil wir uns einig darin waren, dass wir uns langsam gen Süden bewegen sollten, wenn wir auf unserem Weg nicht irgendwann unnötig viel frieren wollen. Auch wenn die Landschaften, die wir in den Wochen zuvor bereist haben, zum Teil wirklich märchenhaft waren, war für uns kein Ort darunter, der uns so gefesselt hätte, dass wir ihn unbedingt in den kältesten Monaten des Jahres würden erleben wollen.

    Was wir schon öfters ein wenig vermisst haben, ist die Gewissheit, dass wir eigentlich überall „in der Natur“, also außerhalb von Ortschaften, wo wir – auch außerhalb ausgewiesener Parkplätze – für unseren knapp sechs Meter langen und 2,7 Meter hohen Bus einen Stellplatz finden, auch eine Nacht verbringen können, ohne befürchten zu müssen, verjagt zu werden. Auch wenn das schwedische allemansrätten, das Jedermannsrecht, vor allem Menschen erlaubt, sich Tag und Nacht in der freien Natur auch auf Privatgelände aufzuhalten, solange dafür keine Zäune eingerissen werden „müssen“ und sie dabei auch sonst nichts zerstören oder verschmutzen bzw. jemand anderen stören, scheinen an den meisten Orten, die man mit einem Automobil ohne Geländefunktion erreichen kann, auch diese geduldet zu werden.

    Mittlerweile sind wir allerdings schon oft genug – in Amsterdam, den Niederlanden/Westfriesland, Belgien oder zuletzt gerade in Frankreich – so positiv von privaten oder anderen „offiziellen“ Stellplätzen für sehr wenig Geld (und/oder dafür sehr netten Service) überrascht worden, dass wir wenig Bedenken haben, den Vorzügen, die Schweden für Menschen wie uns bietet, lange nachzutrauern.

    Für mich war ohnehin von Anfang an ziemlich klar war, dass der „schwedische Weg“ (in Sachen Digitalisierung, Geld- und Gesundheitspolitik oder auch Naturschutz) genauso wenig verlockend zum (Miter-)Leben (als Landesbewohnerin) ist wie das, was ich aus Deutschland kenne. Obwohl mir also ein paar Wochen im Land vollends genügt haben, um mir meine Vorahnugen zu bestätigen, bin ich dankbar für die Erfahrungen, die ich hier machen konnte und für die Erinnerungen, die bestimmt noch eine ganze Zeit lang bleiben und nachwirken oder immer mal wieder wachgerufen werden:

    An die weiten Waldlandschaften, an flechten- und moosbewachsene Felsenmeere oder eindrucksvolle Steinbrocken, bei denen wir uns oft gefragt haben, wie sie wohl an die Stellen gekommen sind, die sie gerade belegen, und an die oft seerosenbewachsenen und schilfumsäumten kleinen und riesigen Seen.

    An den Morgennebel, an die unterschiedlichsten Küstenformen, an Häfen, Sandstrände und die wunderschönen Schärengärten.

    An Hagebuttensträucher, Blau-, Brom- und in Jonköping sogar Maulbeeren, Schlehen, Pilze, Apfelbäume, die dafür gesorgt haben, dass ich so einiges sammeln konnte, um unseren Speiseplan zu bereichern.

    An Sonnenauf- und untergänge – über Seen, Wäldern, der Öland-Steppe oder an der Küste.

    Vor allem an Öland, das wir bis vor Kurzem noch nicht einmal vom Namen her kannten, mit seinen savannenartigen Weiten, seinen Mooren oder eher Schilfandschaften und Küsten. Neben einem Paradies für unzählige (Zug-)Vögel, die dort Zwischenstops einlegen, ist es allerdings auch ein „Weltkulturerbe“, das nicht sehr viel mit ursprünglicher Natur zu tun hat (auch wenn die z.T. extensive Bewirtschaftung auf ungeübte Augen einen anderen Eindruck erwecken mag).

    Die für mein Empfinden grausame Realität der „Nutztierhaltung“ wurde uns an einem Morgen, als wir einfach ein schönes Plätzchen am Strand gesucht haben, um dort einen Kaffee zu trinken, vor Augen geführt: Wir sind zufällig Zeugen des Abtransportes von Kälbern geworden, die vorher mit ihren Müttern auf den riesigen Weiden gelebt hatten. Ein junger Bauer hat sie mit Heu und Rufen in ein Gatter gelockt, in das sie eifrig-vertrauensvoll zum Fressen gelaufen sind. Zwei zwischenzeitlich in einem „Nahrungsmitteltransporter“ dazugekommene Männer haben dann geholfen, die Jungtiere von ihren Müttern zu trennen und in den Transporter zu treiben.

    Von unserer entfernten Position aus schien es nicht, als würden sie auf viel Gegenwehr stoßen. Aber noch lange, nachdem sie abgefahren waren, haben die Kühe laut gerufen, und sie kamen alle noch einmal zurück zum leeren Gatter, nachdem sie ein erstes Mal in ihrer Gruppe davongetrottet waren.

    Es fällt mir schwer zu glauben, dass es die Aufgabe oder das Recht des Menschen ist, Tiere für seine Zwecke zu züchten und selektiv zu töten. Aber deshalb gehören zu meiner Vorstellung von einem „primitiven“ Leben auch keine „Nutz-“, geschweige denn „Haustiere“ (außer vielleicht denen, die sich auch ohne Einladung entscheiden, Wohnräume zu besiedeln, und sich dabei als nützlich erweisen).

    Auch an die herbstlich-bunte Pflanzen- und Vogelwelt werde ich bestimmt noch öfters zurückdenken: An Gänse, Kormorane, Kraniche, Reiher, Spechte, Möwen und vor allem die Goldhähnchen, die uns fast überall begleitet haben.

    An die anderen Tiere, die unsere Wege gekreuzt haben: Schafe, Kühe, Rehe, Damwild; Libellen, Schmetterlinge und Spinnen bzw. deren Netze.

    An besondere, menschengeschaffene Orte wie einen Autofriedhof, das Geburtshaus des schwedischen Dichters Stagnelius, das uns zu einer Kaffeepause verlockt hat, als wir an dem einladenden Gartencafé vorbeikamen, das dort heute im Rahmen eines Kulturzentrums betrieben wird; an Kurt Tucholskys Grab in Mariefred, an Runensteine mit ihren alten Geschichten oder an „Mormors Bakeri“, wo auch reine „Pflanzenfresser“ wie wir am vegetarischen Buffet satt werden und wo sogar zum Teil vegan gebacken wird (so dass wir uns mal überraschend an Schoko- und Apfelkuchen erfreuen konnten).

    An das postbotenfreundliche Briefkastensystem sowie die verbreiteten „Einrichtungen“ für Radfahrer und Radfahrerinnen oder Grillbegeisterte.

    An die alltäglichen Spuren von „Snus“ in der Umwelt, bei denen ich mir nicht vorstellen kann, dass sie – wie (natürlich wissenschaftlich begründet …) behauptet wird – weniger schädlich sind als die des Rauchens, werde ich dagegen hoffentlich nicht so schnell oder oft wieder erinnert.

    Trotz der vielfältigen Naturbegegnungen bzw. Rückzugsmöglichkeiten von der Zivilisation und der Begegnungen mit Menschen, – wie Lukas, der mit einem 30kg-Rucksack zu Fuß unterwegs war, oder vielen anderen, die ihre Zelte in der Natur aufgeschlagen haben, und ökologisch arbeitenden Hofbetreiber und -betreiberinnen – die ich als naturverbunden bezeichnen würde, habe ich Südschweden alles andere als „ursprünglich“ empfunden (aber stattdessen für sehr geeignet, um eine Reise zu starten, die getreu ihrem Motto im besten Fall dorthin zurück führt).

    Dass Menschen trotz der „fortschrittlichen“ Bestrebungen in vieler Hinsicht z.B. auf einen schwedischen Bauern- und Widerstandsführer (gegen König Gustav Wasa) – Nils Dacke – aufmerksam gemacht werden, habe ich zum Abschluss Dank der nach ihm benannten Fähre – von Karlshamn über Trelleborg nach Travemünde – noch festgestellt (und dazu noch ein wenig über die Geschichte des Landes gelernt).

    Ob das „richtige“ Schweden – wie zwei langjährige Schwedenreisende behauptet haben – auch für uns erst oberhalb der großen Seen Vättern und Vänern, fenab des Bullerbü-Syndroms, im Land der Sámi, beginnt, werden wir vielleicht nächstes Jahr herausfinden können (wenn wir gerne zurückkommen würden, um den Sommer in Norwegen zu verbringen).

  • (Wieder) Tage bzw. Nächte an einem See

    (Wieder) Tage bzw. Nächte an einem See

    Nach zwei Tagen „Campingplatzsstress“ bzw. „-programm“ wie Duschen (und in der Baltischen See baden sowie joggen gehen), Wäsche waschen, Wassertanks füllen, Grauwasser und (Trenn-)Toilette leeren, Geschirr mal wieder mit heißem Wasser spülen usw. hatten wir beide wieder mehr Lust auf „weniger zu tun“ an einsameren Stellplätzen.

    Auch die „offiziellen“ Campingplätze leeren sich zwar – nach Ende der Sommerferien in Schweden und anderen Ländern – zusehends (schon öfters hatten wir einen Stell-/Wanderparkplatz ganz für unseren Bus alleine oder mussten ihn nur mit ein oder zwei anderen Wagen mit Campern und Camperinnen teilen) und sind dadurch für unsere Ansprüche relativ angenehme Aufenthaltsorte; aber wir nutzen sie trotzdem eher ungern. Um uns nicht zu sehr an deren „Infrastruktur“zu gewöhnen und stattdessen mit begrenzten Ressourcen (und dafür mit Hilfe natürlicher Gegebenheiten) klarzukommen, ist – solange wir noch genügend Wasser und (Solar-)Strom oder die Sonne am Himmel haben – ein „freier Stellplatz“ eigentlich immer unsere erste Wahl.
    Ich wäre allerdings – ohne das Gespräch mit einem kajakbegeisterten Paar (auf einem Campingplatz!) – z.B. nie auf die Idee gekommen, mit Meerwasser zu kochen (und mir auf diese Weise sogar die Salzzugabe zu sparen).
    Bisher sind wir glücklicherweise nicht in die Bedrängnis gekommen, dass unsere Kanister ohne Aussicht auf frisches Trinkwasser leer geworden wären (so dass wir uns sogar den „Luxus“ gönnen konnten, es zum Geschirrspülen zu nutzen).

    Jedenfalls hatten wir uns die gut 250 Kilometer vom Skärgårdsbyn S:t Anna, einem Archipel von Schären, für die Schweden so bekannt ist (bzw. vom Källbukten Campingplatz, von dem ich anfangs geschrieben hatte), bis nach Öland, unserem für Mittwoch angedachten Ziel, auf zwei Etappen aufgeteilt. Wenn man in einem Bus gemütlich reisen möchte – auch über Nebenstraßen oder Schotterpisten und Waldwege und mit genügend Pausen (um den Kopf von den schnell vorbeiziehenden Eindrücken und Beine oder Becken und Rücken vom langem Herumsitzen zu erholen), können 100 Kilometer an einem Tag schon zu viel sein.

    Wir hatten uns – wie schon öfters – eine Parkmöglichkeit an einem (Wald-)See (dem Hjorten) gewählt. Diese lag zwar direkt neben einer Straße; aber da bis zum nächsten Morgen höchstens eine Handvoll Autos und nicht bedeutend mehr (Hunde-)Spaziergänger- und Joggerinnen vorbeikamen, war es trotzdem gefühlt eine Nacht in der Natur.

    Zum „ersten Frühstück“ brauchen wir beide noch keine feste Nahrung, und um dort auf den 1. Hunger zu warten, war uns der Platz am See dann doch nicht einladend genug. Also sind wir relativ früh Richtung Kalmar bzw. Öland-Erkundung aufgebrochen.
    Unser Tagesziel haben wir allerdings – nach einer ziemlich anstrengenden, kurvenreichen, Fahrt über Nebenstraßen, und weil uns bis dahin außerdem kein Platz für unser zweites Frühstück zugesagt hatte, kurzentschlossen geändert: Dahingehend, uns lieber gleich einen neuen Stellplatz zu suchen, an dem wir uns – mit schöner Aussicht aus unserem Bus und am Besten mit frisch (baum-)gereinigter Luft – in Ruhe einen Nachmittag und Abend lang mit Schreiben bzw. Foto-, Video- und anderer Computerarbeit beschäftigen könnten…

    Wir sind also einem Hinweis auf einen Angelsee „am A… der Welt“ nachgegangen und haben eine Nacht an einem der traumhaftesten Stell- bzw. Grillplätze unserer bisherigen Reise – etwa 20 km von Oskarshamn entfernt – zugebracht:
    Zur Erholung vom längeren Sitzen gab es einen ( 2 bis höchstens 3 Kilometer langen?) Pfad um den See herum, gesäumt von einem traumhaft wilden, „unaufgeräumten“ Mischwald: mit unzähligen Felsbrocken, Farnen, Moosen, Spinnennetzen…. Auf der die meiste Zeit über spiegelglatten Wasseroberfläche konnten wir uns von unzähligen kleinen bis riesigen Wellen(kreis)mustern hypnotisieren lassen, die von Wasserläufern und (jagenden?) Ringelnattern verursacht wurden. Die Stille wurde nur von Vogelgesang (oder auch mal -gekreische), einem Flugzeug und ein wenig Geplätscher von den Angelstegen, springenden Fischen und den schwimmenden Ringelnattern unterbrochen. Außer uns waren dort während des gesamten Nachmittags/Abends und bis zum nächsten Morgen nur: ein Angler auf der anderen Seite des Sees (der aber vor uns geparkt hatte, so dass wir uns auch kurz mit ihm unterhalten haben, nachdem er uns– auf Deutsch – angesprochen hat); ein Mann, der die öffentliche Sitzgelegenheit für eine Mittagspause genutzt zu haben scheint; eine Frau, die ihren Hundewelpen dort spazieren geführt hat, und vielleicht zwei oder drei vorbeifahrende Autos.

    Die Schreibarbeit habe ich dann aber doch erst einmal aufschieden „müssen“: weil wir aufgrund unserer spontanen Routenänderung noch nicht eingekauft hatten, hieß es für mich nach der Ankunft und unserem „Mittagessen“ erst einmal: (Sauer-)Teig für Pfannenbrote vorbereiten und aus den Kohl- und Möhrenresten im Kühlschrank einen Salat machen.

    Außerdem habe ich angefangen, mich mit der schwedischen Vogelwelt (die sich bisher kaum von der unterscheidet, die ich aus dem Taunus und meinem bisherigen Leben oder Urlauben in Detuschland kenne) bzw. mit dem mitgenommenen Fernglas zu beschäftigen. Die letzten etwa 2 Jahrzehnte lang habe ich in erster Linie eine Lupe benutzt, um die Natur bzw. in erster Linie die Pflanzenwelt um mich herum zu erkunden. Nach unserer Runde um den See haben also ständig neue, für mich plötzlich interessant klingende „Stimmen“ oder vielmehr Töne und Gesänge meine Aufmerksamkeit geweckt und mich davon abgehalten, wenigstens wieder ein paar Eindrücke aus den ersten Wochen unserer Schwedenexpedition in Textform zu bringen.
    Aber wir haben unsere Reise ja gerade erst begonnen, und es werden bestimmt noch viele lange oder vielleicht eher kurze Tage kommen, an denen wir viel Zeit im Bus verbringen können, ohne draußen viel zu verpassen, so dass ich vielleicht alles nachholen kann, was ich gerade noch nicht schaffe.

  • (Süd-)Schweden, wir sind endlich da

    (Süd-)Schweden, wir sind endlich da

    Nachdem ich schon vier Wochen damit verbracht habe, mir zu überlegen, wie ich den Einstieg in unseren Blog formulieren kann – wie wir endlich gestartet sind, warum eigentlich „back to primitive“, also mit welchen (Ziel-)Vorstellungen bzw. wohin genau u.ä. – und gleichzeitig nie lange genug Zeit und Muße gefunden haben, einen fertigen Text daraus zu machen, hat Mathias zum Glück den Anfang gemacht.

    Ich ringe weiterhin um jeden Satz, weil meine Wissenschaftlerinnen-Seele sich noch gar nicht bereit dazu fühlt, Erkenntnisse mit der Welt zu teilen. Ich bin sozusagen noch in der Datensammelphase… Aber da ich ja kein gut durchdachtes wissenschaftliches Pamphlet abzuliefern habe, sondern weiß, dass viele Menschen einfach nur darauf warten zu erfahren, wo wir uns gerade aufhalten, was wir dort so treiben oder ob wir dort vielleicht sogar am Liebsten bleiben würden,und dazu gerne – vor allem Mathias’ – Bilder sehen möchten, fange ich vielleicht einfach mal bei den ersten Eindrücken an, die Schweden auf mich gemacht hat:

    Erst einmal hatte ich den Eindruck, dass es eine gute Idee gewesen wäre, mich zumindest so viel mit der schwedischen (oder – da wir den Weg über die Brücke von Kopenhagen gewählt und vorher eine Nacht auf einem Campingplatz in Haderslev verbracht haben – auch dänischen) Sprache zu beschäftigen, dass mich nicht schon die Straßenbeschilderung am Grenzübergang völlig überfordert hätte… Auch wenn ich nicht gefahren bin (und Mathias ganz souverän einfach einem anderen Camper gefolgt ist, der ihn irgendwie seitlich umfahren hat), fühle ich mich auch als Beifahrerin verpflichtet, die Augen möglichst offen zu halten (um eventuell zur Wegfindung beitragen zu können).

    Wir scheinen aber bisher – vor allem Dank der Englisch- und auch Deutschkenntisse vieler Schweden sowie (leider auch…) mit Hilfe der modernen Technik/KI – alles Wichtige verstanden zu haben. Wir sind immer überall angekommen, wo wir hinwollten, und haben sogar Konfliktsituationen (bei fälschlicherweise zu hohen Rechnungsbeträgen, die wir zahlen sollten bzw. sogar schon bezahlt hatten) friedlich lösen können.

    Gestern wurde mir ohnehin aus erster Hand, also eigenen Erfahrungen von einer Deutschen berichtet, dass es viel mehr Sinn machen würde, Norwegisch zu lernen: Das wäre im Vergleich zum Schwedischen einfacher und würde zudem sowohl in Schweden als auch in Dänemark und Finnland gut verstanden werden.

    Sobald also unser neues Leben in einem Bus und an ständig wechselnden Standorten ein bisschen mehr zur Routine geworden ist, so dass ich nicht mehr so lange überlegen muss, ob ich an alles gedacht habe, also mein Geist etwas freier dafür ist oder geübter darin wird, (noch mehr) Neues aufzunehmen (und sich auch zu behalten!), werde ich mich vielleicht nicht nur ans Spanisch-, sondern auch ans Norwegisch-Lernen machen.

    Aktuell bin ich – gefühlt – die meiste Zeit des Tages mit unserer (oder zum Teil auch nur meiner …) Nahrungsbeschaffung und -zubereitung sowie hinterher mit der Beseitigung der Spuren unserer Mahlzeiten im Bus beschäftigt.

    Wir haben zwar im Prinzip in Form von getrockneten oder anders konservierten Lebenmitteln genug zum Essen dabei; aber irgendwas Frisches (oder frisch Gebackenes) zu konsumieren (bzw. zu suchen/finden oder selbst zu produzieren) ist mir einfach ein tägliches Anliegen. Allerdings kostet es mich hier- aufgrund meiner strengen Auswahlkriterien – noch mehr Zeit (und kontraproduktiverweise auch Energie), als schon in Deutschland: möglichst regionales, umwelt-, tier- und pflanzenfreundlich/ökologisch angebautes Obst und Gemüse, das nicht in Plastik verpackt ist, ist in den Supermärkten kaum zu finden. Und die verbreiteten Gårdsbutiken – Hofläden oder Selbstbedienungsstände – haben wir noch kaum genutzt, weil sie uns im Vorbeifahren zu spät aufgefallen sind oder man dort nur mit Swish, einem „mobilen Zahlungssystem“ für Menschen mit schwedischem Bankkonto zahlen kann.
    Wer wie wir außerdem „gutes“ deutsches Brot, also Roggen(sauerteig)brot liebt bzw. im Prinzip in den eigenen täglichen Speiseplan integriert hat, hat in Schweden ein zusätzliches Problem, „mal schnell“ mit etwas ähnlich Nahrhaftem satt zu werden. Und als ob das nicht schon genug „Nahrungsmittelumstellungsstress“ wäre (vor allem für Mathias, weil ich mich notfalls auch mit Margarine und Salz, eventuell auch selbstgesammeltem Löwenzahn, Sauerampfer o.ä. zufrieden gebe, und mich ansonsten mit Blaubeeren und Äpfeln, die ich mir bisher an vielen Orten einfach sammeln konnte, über ein Brot hinwegtröste), scheinen sich – trotz verbreiteter veganer Produkte – pflanzliche Brotaufstriche gar nicht und Schokocremes auf rein pflanzlicher Basis (fast) nur von Nutella/Ferrero (die Mathias kategorisch ablehnt) sowie Sojajoghurt(becher) aus welchem Grund auch so gut wie gar nicht oder zumindest nur zu horrenden Preisen zu verkaufen. Jedenfalls kommt hier zu unserem freiwilligen Verzicht auf viele industriell hergestellten Produkte auch noch ein unfreiwilliger.

    Ich habe mich riesig gefreut, als ich ein Ökodorf im Södermanland (das auf unserem Weg lag) ausfindig gemacht habe – Charlottendal in Järna – und noch mehr darüber, dass wir dort mit Rüdie eine Nacht auf einer Waldwiese neben einem Einsiedler in seinem Bauwagen stehen durften.

    Leider werden dort nicht genügend Gartenerträge erzeugt, um sie zu verkaufen. Aber Järna hat sowohl einen Bioladen (mit unverpackt-Regalen) sowie eine Mühle mit (Sauerteig-)Brotverkauf (seeeehr lecker!) und in der Umgebung diverse anthroposophisch, also an der Lehre Rudolf Steiners ausgerichtete Bildungsstätten zu bieten, so dass der „biodynamische (Demeter-) Landbau sehr verbreitet scheint. Allerdings wir uns wahrscheinlich schnell keinen Sprit mehr leisten, um dort wieder wegzukommen, wenn wir darauf angewiesen wären, nur dort einzukaufen.

    Dann doch lieber weiterhin so oft wie möglich Beeren und Äpfel sammeln (und vielleicht doch auch mal gezielt Pilze – Pfifferlinge, Steinpilze u.ä. – suchen gehen?), mit erschwinglichem Weizenmehl Pfannkuchen damit backen und Roggenmehl für Experimente mit unserem eigenen Sauerteig nutzen (in unserem Multikocher, der auch backen können soll, aber aus meinen bisher hergestellten Teiglingen kein uns zufriedenstellendes Ergebnis geliefert hat…). Solange wir genug Sonnenenergie tanken können oder beim Fahren Strom produzieren, gibt’s für Mathias wenigstens – statt seiner geliebten fruchtigen Sorten – öfters mal selbstgemachten Natursojaghurt (der sich – wie wir seit gestern wissen – auch aus schwedischer Sojamilch herstellen lässt).

    Zu einem „neuen Leben“ gehören wahrscheinlich auch einfach neue Essgewohnheiten.

  • Es geht los … unsere Reise beginnt

    Erst wartet man so lange auf diesen Moment und dann geht es auf einmal viel zu schnell. So ungefähr könnten wir unsere Abreise beschreiben. Ja, wir sind jetzt wirklich unterwegs … für alle, die nicht mehr daran geglaubt haben. Nachdem unsere Hausauflösung abgeschlossen war, ich mich bei der Gemeinde abgemeldet habe und wir noch ein paar andere Erledigungen getätigt hatten, sind wir am 04. August nach Schweden aufgebrochen!

    Irgendwie fallen einem am Ende doch noch 1000 Dinge ein, die erledigt werden wollen, und so ist der Montag ziemlich wie im Flug vergangen und wir sind erst am späten Abend endlich aufgebrochen, auf unsere Reise oder auch unser neues Leben genannt. Unser erstes Ziel hab ich ja schon oben verraten. Erstmal nach Schweden, Freunde besuchen. Mit einer Nacht irgendwo im Ruhrpott auf einem Friedhofsparkplatz und noch einem Stopp in Dänemark, sind wir dann am Mittwoch am Ziel angekommen.

    Jetzt erstmal durchatmen. Und da waren wir genau am richtigen Ort. Weit weg von großen Städten, umgeben von Wald. Dazu gute Freunde und mal wieder die Zeit, einen Spaziergang ganz unbeschwert zu geniessen. Es gab zwar noch ein paar Dinge, die noch zu erledigen waren, damit wir wirklich abschließen können mit dem, was wir zurückgelassen haben, aber auch dazu war Zeit, ohne das Gefühl keine Zeit für sich zu haben. Ich kann es jetzt gerade nur aus meiner Perspektive sagen (die Zeilen hier schreibt übrigens Mathias) aber die ersten Tage waren wie in einer Zwischenwelt. Irgendwie hat man den Druck der letzten Monate noch auf den Schultern gespürt, obwohl man genau wusste, dass er nicht mehr da ist.

    Aber hier soll unser Abenteuer erst beginnen. Ihr hört mehr von uns die nächsten Tage – wieviele es werden, kann man noch nicht sagen ;-).